Bäume sind das älteste Baumaterial der Menschheitsgeschichte. Jahrtausendelang dominierte Holz die Architektur. Doch mit seinem Wissensdurst und seiner Neugier wusste der Mensch sich mit der Zeit neue, vermeintlich robustere Baustoffe zu erschließen. Nach Stein dominierten Stahl und Beton den Hoch- und Tiefbau. Doch mittlerweile erlebt Holz als Baustoff eine Renaissance. Dabei spielen Nachhaltigkeitsaspekte eine ebenso große Rolle wie die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des natürlichen Rohstoffs. Der folgende Blogbeitrag vermittelt hierzu einige Eindrücke.
Mehrfach ausgezeichnet: Tallinns Kreuzfahrterminal aus HolzWer sagt, dass der Imagewandel der Kreuzfahrtbranche nur mit Schiffen erreicht werden kann? Das kreative Estland ist das Thema anders angegangen und hat ein nachhaltiges Kreuzfahrtterminal in Auftrag gegeben. Die Vorgaben: Es sollte multifunktional und ganzjährig nutzbar sein, das geschlossene Hafenareal zur Stadt öffnen und dennoch eine optimale Funktionalität gewährleisten. Entstanden ist unter der Ägide von Salto Architects eine atemberaubende Holzkonstruktion, deren Fassade ankommende Kreuzfahrer wie Hafenbesucher an Land gleichermaßen in ihren Bann zieht. Mit ihrer 850 Meter langen Promenade empfängt die Anlage die jährlich über zehn Millionen Passagiere des Hafens mit offenen Armen und lädt mit abgestuften Sitzgelegenheiten im Freien dazu ein, die Aussicht aufs Meer zu genießen. Außerhalb der Saison wird das Terminal für Veranstaltungen genutzt. Zu Recht wurde es mit dem Architekturpreis 2021 des Estnischen Architektenverbandes und dem Hauptpreis 2021 der Estnischen Kulturstiftung ausgezeichnet.
Nachhaltig, günstig, schnell verbaut – Holz hat viele VorteileHolz wird in der Baubranche immer populärer. Die Gründe dafür sind vielfältig. 1. Die Nachhaltigkeit: Als nachwachsender Rohstoff ist Holz ökologisch vertretbar, insbesondere wenn es aus heimischen Wäldern stammt und die Transportwege kurz sind. 2. Der Preisvorteil: Der Bau eines Holzhauses ist energiesparend, kostengünstig und vergleichsweise schnell realisierbar – auch weil mittlerweile zahlreiche vorgefertigte Bausysteme in attraktiven Architekturstilen angeboten werden. 3. Der Nettonutzflächengewinn: Durch die vergleichsweise geringere Wandstärke einer Holzrahmenwand kann der Raumgewinn bis zu zehn Prozent betragen. 4. Gesunde Wohlfühlatmosphäre: Dank der Trockenbauweise entfällt das Problem der Baufeuchte – vom ersten Tag an herrscht ein ideales Raumklima. 5. Brandschutz: Auch in dieser Hinsicht stehen Holzhäuser neuster Bauart konventionell gebauten Häusern in nichts nach.
Holzbau Deutschland würdigt seit 20 Jahren Innovationen aus HolzAuch der Branchenverband Holzbau Deutschland weiß um das Potenzial des ressourcenschonenden, umweltfreundlichen und nachhaltigen Baustoffs und hat am 16. Mai 2023 zum elften Mal in 20 Jahren den Deutschen Holzbaupreis verliehen. Die Schirmherrin, Bundesbauministerin Clara Geywitz, betonte in ihrer Laudatio: „Der Holzbau … ist überwiegend optisch sehr ansprechend, klimaschonend und oft in der Bauzeit schneller umsetzbar, was Kosten spart. Zudem ist er häufig das einzige gangbare Material, wenn es um Aufstockung bei Bestandsgebäuden geht. … Wir sollten daher dazu beitragen, dass die Bedeutung des Holzbaus noch stärker erkannt wird und ihn aktiv fördern.“ Unter den 149 eingereichten Projekten befanden sich Neubauten mit hohem Innovationsanspruch, wegweisende Gebäudesanierungen und Aufstockungen sowie experimentelle Arbeiten im Produktsektor. Nach eintägiger Sitzung zeichnete die 16-köpfige Fachjury drei Projekte mit dem Deutschen Holzbaupreis aus:
- Platz 3 ging an das Wohn- und Geschäftshaus „Buggi“, ein Neubau in Freiburg im Breisgau „Buggi‘ ist nicht nur deutschlandweit der erste FSC-zertifizierte Holzbau (das verbaute Holz stammt aus heimischer und nachhaltiger Forstwirtschaft), sondern auch wegweisend in der Kombination aus Supermarkt, Kindergarten und kostengünstigen, überwiegend barrierefreien und sozialhilfefähigen Wohnungen.
- Platz 2 ging an das neu errichtete Rathaus in Hainburg Das unkonventionelle Verwaltungsgebäude erinnert in seiner Formensprache an einen repräsentativen Pavillon, dessen von bodentiefen Fenstern gesäumte Fassade für maximale Lichtausbeute sorgt. Die Holzbauweise des lichtdurchfluteten Gebäudes überzeugt dabei als konstruktives und gestalterisches Element.
- Platz 1 ging an den Ausbau der Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Alpenvereins in München Die Ausgangssituation – ein Bürogebäude aus den 1970er Jahren inmitten moderner Hochglanzarchitektur der ‘Parkstadt Schwabing’ – hätte einen Abriss nahegelegt. Stattdessen wurde der alte Betonbaukörper entkernt und um zwei zusätzliche Geschosse, einen Konferenzsaal im Erdgeschoss und ein über alle Geschosse offenes Atrium mit Treppenhaus ergänzt. Alles in Holzbauweise, versteht sich.
Nachdem die lange Zeit vorherrschenden Vorbehalte gegenüber dem Holzbau hinsichtlich Stabilität, Wertbeständigkeit und Brandschutz mittlerweile weitgehend ausgeräumt sind, erobert er sukzessive den urbanen Raum. Vor diesem Hintergrund dürfte der ehemalige Flughafen Tegel in der Bundeshauptstadt viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Immerhin entsteht hier ein Forschungs- und Industriepark für urbane Technologien sowie das nachhaltige, sozial gemischte Schumacher Quartier, in dem neben wasserrückhaltenden Freiflächen, Photovoltaikanlagen und schattenspendenden Dächern der moderne Holzbau eine tragende Rolle spielt. Im Jahr 2027 sollen die ersten Wohnungen bezugsfertig sein. Dies darf man – anders als bei einem anderen berühmt-berüchtigten Berliner Flughafenprojekt – getrost als realistisch ansehen. Die Zukunft von Berlin Tegel visualisiert ein knapp dreiminütiges Video.
FOTO: Ingo Bartussek – stock.adobe.com