“Gewohnt, gearbeitet, gereist und eingekauft wird immer.” Müsste man die Argumente aller Prospekte von offenen Immobilienfonds in einem Satz zusammenfassen, wäre es vermutlich dieser. Doch angesichts der COVID-19-Pandemie und des empfindlichen Wirtschaftsrückgangs im ersten Halbjahr 2020 müssen einige Immobiliengrundsätze für die Zukunft, wie es aktuell scheint, wohl neu gedacht werden. Schließlich hat sich das Homeoffice als Teil der neuen Arbeitswelten fest etabliert – und während des Lockdowns haben auch vormals überzeugte Internetmuffel die Welt des Online-Shoppings für sich entdeckt. Das kann perspektivisch durchaus Folgen für Immobilienfonds haben.
Vor Kurzem hat die unabhängige Ratingagentur Scope ein Analysepapier zu offenen Immobilienfonds veröffentlicht. Bedenken wurden vor allem für Fonds mit hohen Hotel- und Einzelhandelsanteilen im Portfolio geäußert. Der Grund: Die Abschwünge im stationären Einzelhandel und in der Hotellerie sorgen für Unsicherheiten bei der Wiedervermietbarkeit der Flächen. Ähnliches trifft zurzeit auf die Büroimmobilienmärkte zu, einige Marktexperten gehen davon aus, dass sich viele Unternehmen flächenmäßig zumindest verkleinern werden. Ob es tatsächlich in diesen Branchen so kommen wird, muss sich erst noch zeigen. Doch die möglichen Einbußen bei den Verkehrswerten gelten zumindest für die Analysten von Scope gegenwärtig als Risikofaktor.
Wohnimmobilien zeigen sich robustRobuster zeigt sich hingegen das Segment der Wohnimmobilien. Es wäre falsch zu behaupten, dass offene Wohnimmobilienfonds überhaupt nicht von den Folgen der aktuellen Rezession betroffen wären. Dennoch zeigen sich aktuell weder auf den Märkten für private Eigentumswohnungen noch auf den institutionellen Immobilienmärkten Preiseinbrüche. Im Gegenteil: Dem Immobiliendienstleister CBRE zufolge haben sich Wohnimmobilien inzwischen als zweitgrößtes Marktsegment für professionelle Investoren etabliert und damit Einzelhandelsimmobilien und Hotels überholt. Für Fonds mit entsprechend hohem Wohnimmobilienanteil ergeben sich daraus wichtige Stabilitätsfaktoren.
Mietzahlungen der Wohnungsmieter bleiben konstant. Für unseren offenen Publikumsfonds “WERTGRUND WohnSelect D” hat es sich beispielsweise bisher ergeben, dass bei den insgesamt im Fonds gehaltenen 2014 Wohneinheiten kein durch die Corona-Pandemie bedingter Forderungsanstieg zu verzeichnen ist. Lediglich im Bereich der Kleingewerbevermietungen sind vereinzelt marginale temporäre Mietrückstände aufgelaufen, für die wir gemeinsam mit den jeweils betroffenen Mietern individuelle Lösungsansätze erarbeitet haben beziehungsweise erarbeiten. Dies zeigt die große Kontinuität der Mieteinnahmen und bestärkt uns in unserem Fokus auf die Assetklasse Wohnen Deutschland. Zudem führt unser “WERTGRUND WohnSelect D” mit einem Scope-Rating von aa- die Liste der 18 namhaften deutschen offenen Immobilienpublikumsfonds an.
Keine Fondskrise in SichtInsgesamt haben sich die Märkte für offene Immobilienfonds angesichts der Corona-Krise deutlich weniger volatil verhalten als beispielsweise die Aktienmärkte. Zudem gehen unter anderem die Analysten von Scope davon aus, dass sich einige Negativeffekte für Gewerbeimmobilien mittelfristig abmildern werden. Eine Fondskrise wie ab dem Jahr 2009 wird von Scope zum gegenwärtigen Zeitpunkt so gut wie ausgeschlossen.
Insgesamt zeigt sich die deutsche Immobilienfondsbranche also stabil. Dennoch sollten Anleger aktuell bei der Zusammenstellung des Portfolios genauer hinschauen, damit sie den für sich bevorzugten Investmentstil bestmöglich umsetzen können.
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