Die Bundesregierung plant, in den kommenden Jahren 1,5 Millionen neue Wohnungen zu schaffen – unter anderem durch Steueranreize und zusätzliche Ausgaben von zwei Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. Denn vor allem günstiger Wohnraum hat sich zu einem begehrten und raren Gut entwickelt. Das spiegelt sich sehr deutlich in Untersuchungen der Humboldt-Universität zu Berlin und der Hans-Böckler-Stiftung zur Wohnraumsituation in der Bundeshauptstadt wider: Diesen zufolge müssen bereits 40 Prozent der bundesdeutschen Haushalte mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete aufbringen. In den 77 deutschen Großstädten sind die Ergebnisse noch alarmierender. Hier geben rund eine Million Haushalte mehr als 50 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete aus. Eine Studie von Dr. Lübke & Kelber kam zu dem Schluss, dass bereits 46 Prozent aller deutschen Miethaushalte zwischen 11 und 13 Euro kalt pro Quadratmeter zahlen.
Extremer Mangel an günstigem WohnraumEin Grund dafür ist auch der Mangel an Sozialwohnungen. Anfang der 1990er Jahre gab es noch doppelt so viele Objekte wie heute. Aktuell beträgt der Bestand gerade einmal 1,3 Millionen – das entspricht 6,3 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes. Während die Zahl der Wohnungen insgesamt in den vergangenen Jahrzehnten um mehr als 7,5 Prozent gestiegen ist, hat sich die Zahl der Sozialwohnungen nahezu halbiert – Tendenz weiter sinkend. Denn immer mehr Objekte für den kleinen Geldbeutel fallen aus der sogenannten sozialen Bindung heraus und können dann wieder auf dem freien Wohnungsmarkt zu deutlich höheren Mieten angeboten werden. Das Bundesbauministerium geht deshalb davon aus, dass zurzeit jährlich rund 80.000 Wohnungen für Mieter mit geringerem Einkommen gebaut werden müssten. Der deutsche Mieterbund geht von einem noch höheren Bedarf aus, weil er den jährlichen Schwund mit 50.000 Sozialwohnungen kalkuliert.
Unabhängig von Berechnungen und Prognosen: Faktisch sind in den Jahren 2002 bis 2015 lediglich rund 15.000 neue Sozialwohnungen auf den Markt gekommen. 2016 wurden bundesweit erstmals 24.500 Wohneinheiten gebaut, so das Bundesbauministerium. Von der geschätzten Zahl an Neubauten, die man dringend benötigt, um die Zahl der wegfallenden Wohnungen zu kompensieren, ist man damit immer noch meilenweit entfernt. Und die Kommunen, deren Aufgabe es bleibt, Wohnraum zu schaffen, bekommen das Problem über ihre kommunalen Wohnungsbaugesellschaften allein nicht in den Griff.
Chancen für private InvestorenExperten bezweifeln auch, dass die vom Bund versprochenen zusätzlichen zwei Milliarden Euro den Bau von Wohnungen beschleunigen werden. Abhilfe schaffen könnte hingegen das Engagement privater Investoren, deren Interesse am Wohnungsbau in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist. Längst kaufen institutionelle Investoren ganze Wohnungspakete in deutschen Städten. Sozial geförderte Wohnungen gelten als defensives Investment: Sie bergen angesichts des chronischen Mangels an Wohnraum ein geringes Anlagerisiko. Das trifft insbesondere auf Sozialwohnungen in innerstädtischen Lagen zu.
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