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Temporary Living – von Lebensabschnittskonzept bis Lebensphilosophie

13.10.2023

In den 1950er Jahren war es völlig normal, sein Leben an ein und demselben Ort zu verbringen. Bis die Anfang der 1960er Jahre aufkommende Hippie-Bewegung dies grundlegend infrage stellte. Als Gegenentwurf zur kapitalistischen Leistungsgesellschaft und zur klassischen Rollenverteilung in der Familie forderte sie eine neue Form des Zusammenlebens. So entstanden die Kommunen – heterogene Lebensgemeinschaften, die sich immer wieder neu formierten. Was damals revolutionär war, ist heute selbstverständlich. Auf die individuellen Bedürfnisse in puncto Temporary Living liefert der Wohnungsmarkt vielfältige Antworten. Welche das sind und was den Trend beflügelt, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Unkompliziertes Wohnen ohne Ballast
Die urbanen Nomaden von heute sind keine Revoluzzer. Vielmehr repräsentieren sie eine durch Globalisierung und Digitalisierung flexibilisierte Gesellschaft. Was nicht heißt, dass der feste Wohnort als Inbegriff des Zuhauses überholt ist. Rund 50 Prozent der Bundesbürger sind an einem bestimmten Ort verwurzelt. Manche von ihnen kombinieren als „Arbeitsnomaden“ beide Lebensstile, indem sie als Pendler das 5 zu 2 Modell leben. Das heißt, sie wohnen an fünf Tagen am Arbeitsort in einer kompakten, unkomplizierten Unterkunft und verbringen die beiden Wochenendtage zu Hause bei der Familie. Auch Studierende wählen ihren Studienort in der Regel nicht mit der Absicht, dort sesshaft zu werden. Folglich versuchen sie, Ballast wie Möbel oder Mietverträge mit langer Laufzeit zu vermeiden. Gleiches gilt für Reisende, die weder ein Faible für Zelte noch für Hotels haben. Auch ihnen kommen moderne Temporary-Living-Konzepte entgegen.

Wohnen auf Zeit hat viele Vorteile
Im Vergleich zu Hotels sind Mikroapartments oder Serviced Apartments deutlich günstiger und überzeugen meist durch zeitgemäßes Design und cooles Flair. Flexible Vertragslaufzeiten sind der Standard, während das Hinterlegen einer Kaution ebenso entfällt wie das Renovieren bei Auszug. Da es sich dennoch um Wohnungen mit allem Drum und Dran handelt, eignen sie sich durchaus als Zuhause auf Zeit inklusive Wohlfühlfaktor. Werden sie vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt, haben sie zudem ein hohes Motivationspotenzial und können im Wettbewerb um Fachkräfte sogar den Ausschlag geben.

Die Bandbreite ist riesig
Mikroapartments sind, wie der Name schon andeutet, kompakte, möblierte Wohneinheiten mit Bad und Kochnische, typischerweise zwischen 18 und 35 Quadratmeter groß. Sind mehrere Apartments um Gemeinschaftsräume gruppiert, spricht man auch von Satellitenapartments oder Clusterwohnungen. Serviced Apartments sind für Gäste mit längerer Aufenthaltsdauer gedacht und bieten optional einen täglichen Reinigungsservice. So viel zu den modernen „Klassikern“. Ein komplette anderes, besonders originelles Konzept verfolgt das Projekt Interim, das leerstehende Objekte einer temporären Nutzung als Wohn- oder Arbeitsraum zuführt. Und apropos Mobilität: Auch das dauerhafte Leben im hippen, umgebauten Mini-Van hat sich unter dem Stichwort „Vanlife“ als temporäre Lifestyle-Variante etabliert. Selbst die Kommune nach dem Vorbild der Hippies ist nicht ganz passé – etwa zur Realisierung eines ökologisch nachhaltigen Lebensstils in einer Immobilie im Gemeinschaftseigentum.

Foto: rh2010 | Adobe Stock