Eigentümer

Was passiert nach einer Scheidung mit der gemeinsamen Immobilie?

27.02.2020

Eine Scheidung ist für alle Beteiligten in erster Linie eine emotionale Zerreißprobe. Doch auch die Aufteilung der materiellen Güter ist eine komplizierte Frage – vor allem dann, wenn sich die Werte nicht aufteilen oder bewegen lassen. Das betrifft beispielsweise gemeinsame Immobilien, also Grundstücke, Eigentumswohnungen oder Häuser. Was genau geschieht nach der Scheidung mit diesen Immobilienwerten?

Bei einer Scheidung fallen Immobilien grundsätzlich als Vermögenswerte unter die Zugewinne. Von diesen bekommen beide Parteien den gleichen Anteil, abzüglich der Eigenvermögen, die schon vor der Eheschließung bestanden. Bezüglich aller gemeinsamen Eigentumswerte und deren hälftigen Aufteilung untereinander (sofern kein Ehevertrag geschlossen ist, der anderes vorsieht) muss daher zwischen der Trennungsphase und dem Zeitraum nach der Scheidung differenziert werden.

Trennungsphase

Während der Trennungsphase steht die Nutzung der gemeinsamen Immobilie beiden Parteien zu. Dabei ist es unerheblich, wer als Eigentümer im Grundbuch steht – und auch, ob einer der Ehepartner bereits ausgezogen ist. Als Heim der Familie steht die eheliche Wohnung beziehungsweise das Haus unter einem besonderen Schutz des Gesetzes. Bei dieser Gesetzgebung spielte vor allem der Gedanke an das Kindeswohl eine große Rolle. Diese Situation kann jedoch für die ganze Familie zur Zerreißprobe werden. In besonders drastischen Fällen, zum Beispiel bei häuslicher Gewalt, kann eine unbillige Härte beantragt werden – das Nutzungsrecht wird dann auf einen der beiden Partner übertragen.

Nach der Scheidung

Alle Regelungen nach der erfolgten Scheidung müssen im Einverständnis beider Parteien entstehen. Unverändert bleiben aber die Verpflichtungen gegenüber der Bank im Falle einer gemeinsamen Finanzierung. Die Eigentums- und Verkaufseinigungen können stark variieren, je nachdem, wie verhandlungsbereit sich die ehemaligen Ehepartner gegenüberstehen:

1. Die Immobilie wird einvernehmlich verkauft

Im Verkaufsfall ist ein hohes Maß an Einigkeit zwischen beiden Parteien wichtig. Gerade in Sachen der Preisverhandlung führt Uneinigkeit zu Mehrkosten, beispielsweise durch das Hinzuziehen eines Sachverständigen zur Verkehrswertermittlung. Mit dem Verkaufserlös wird zuerst das restliche noch laufende Bankdarlehen getilgt, der Rest wird unter beiden Parteien aufgeteilt.

2. Ein Partner übernimmt den Anteil des anderen

Hierbei kommt es zu einem Aufkauf der Miteigentumsanteile durch einen der Partner. Diese Übertragungsart erfordert eine notarielle Beurkundung und eine gemeinsame Verständigung über den Kaufpreis.

3. Die Immobilie wird aufgeteilt

Mit einem Strich durch die Wohnzimmermitte ist es nicht getan. Für diese diplomatische Lösung muss von einem Architekten ein Aufteilungsplan angefertigt werden. In manchen Fällen können durch erforderliche Baumaßnahmen teilweise deutliche Mehrkosten entstehen. Auch hierfür ist eine notarielle Beurkundung der Teilungserklärung nötig.

4. Gemeinsame Immobilie wird versteigert

Eine Versteigerung ist in der Regel eine unangenehme Lösung, die nur in dem Fall eintritt, dass kein Einvernehmen zwischen den Parteien herrscht: Werden sich die ehemaligen Ehepartner nicht einig, muss eine Teilungsversteigerung beim örtlichen Amtsgericht beantragt werden. Dieses stellt Sachverständige, die den Verkehrswert der Immobilie ermitteln, und bestimmt einen Versteigerungstermin, an dem die Immobilie für das höchste Gebot versteigert wird. Im Vergleich zu einem einvernehmlichen Verkauf werden häufig nur geringere Erlöse erzielt.

5. Beantragung der Zuweisung

Befindet sich in besonders schweren Scheidungsfällen das Wohl der Kinder in Gefahr, kann durch eine Zuweisung des Familiengerichts die alleinige Nutzung durch einen Ehepartner ausgesprochen werden. Jegliche Miet- oder Eigentumsansprüche werden auf einen Partner übertragen, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der weichenden Partei kann im besten Fall eine Nutzungsvergütung zugesprochen werden. Im schlimmsten Fall wird ihr ein Näherungsverbot für die Immobilie auferlegt. Andere Umstände für Zuweisungen können auch das Alter und der Gesundheitszustand einer der Partner sein, die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz oder die Anteile der Eigenleistung bei Anschaffung oder Ausbau der Immobilie.

Wie bei den meisten anderen Aspekten einer Scheidung gilt also auch bei der Frage nach den Immobilienwerten: Kommunizieren hilft. Je geordneter und einträchtiger die Regelung abläuft, desto schneller lassen sich Ergebnisse erzielen – und desto früher wird der gedankliche und emotionale Raum dafür frei, die nächste Phase im eigenen Leben aktiv anzugehen.

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