Was passiert, wenn das Dach undicht ist oder die Fenster der Wohnung gewechselt werden müssen? Wer in einer Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus wohnt, muss Fragen wie diese gemeinsam mit seinen Nachbarn beantworten: Das Wohneigentumsgesetz (WEG) regelt Rechte und Pflichten von Besitzern einer Eigentumswohnung. Es unterscheidet hauptsächlich zwischen dem Sondereigentum, also der Wohnung, die man gekauft hat, und dem Gemeinschaftseigentum, das allen Eigentümern gehört. Dazu werden neben dem Dachboden sowie den Fenstern auch Treppenhaus, Keller, und Grünanlagen gezählt.
Sondereigentum versus GemeinschaftseigentumMit seiner Wohnung kann jeder Besitzer tun und lassen, was er will – selbst darin wohnen, sie vermieten oder weiterverkaufen. Er kann die Wände bunt anstreichen, die Wohnung schrill einrichten, ohne Möbel leben oder das Wohnzimmer in ein Pflanzenparadies verwandeln – zumindest, solange es die Nachbarn nicht stört.
Anders sieht es mit dem Gemeinschaftseigentum aus. Grundsätzlich darf man weder den Balkon als Eigentümer beliebig verändern noch die Fenster austauschen. Ebenso wenig erlaubt ist das Streichen der äußeren Hauswand in anderer Farbe. Beides würde das Gesamtbild der Immobilie beeinträchtigen und darf nur mit Zustimmung der anderen Eigentümer veranlasst werden. Ähnliches gilt auch für die Parabolantenne: Ist die Mehrheit der Eigentümer der Ansicht, die Satellitenschüssel muss auf dem Dach statt am Balkon angebracht werden, muss man sich fügen. Ebenso, wenn mehrheitlich für Kabelfernsehen gestimmt wurde. Trotz Antenne wird der Anteil an den Gebühren fällig.
Das äußere Erscheinungsbild des Hauses ist GemeinschaftssacheDie Gemeinschaft der Eigentümer kann enormen Einfluss ausüben – selbst wenn sie eigentlich nur für alle Bereiche außerhalb der eigenen Wohnung oder der Garage zuständig ist und dort dafür Sorge trägt, dass das Gemeinschaftseigentum in gutem Zustand bleibt. Das allerdings führt immer wieder zu erheblichen Konflikten: Wer etwa den Hausflur mit Bildern verschönern oder das eigene Klingelschild individualisieren will, muss sich dafür eine Genehmigung der anderen Eigentümer einholen. Denn Flure, Wohnungstüren und Namensschilder zählen zum Gemeinschaftseigentum. Will man einen Aufzug einbauen lassen, weil das Treppensteigen zu mühsam geworden ist, muss die Gemeinschaft dem zustimmen – selbst wenn man die Kosten dafür allein tragen will. Gibt es dafür keine Mehrheit, gibt es keinen Aufzug, entschied der Bundesgerichtshof (AZ: V ZR 96/16).
Die Mehrheit entscheidetJeder Miteigentümer hat ein Stimmrecht, wenn es um die Gestaltung des Gemeinschaftseigentums geht. Bei Fragen, die Instandhaltung und Verwaltung der Immobilie betreffen, wird für gewöhnlich mit einfacher Mehrheit entschieden. Stehen größere Sanierungen an, müssen drei Viertel der Eigentümer zustimmen und über mindestens 50 Prozent der Stimmrechte verfügen.
Es gibt aber auch immer wieder Präzedenzfälle, in denen der Einzelne mehr Rechte hat als die Eigentümergemeinschaft. So kann ein Eigentümer gegen alle anderen den Einbau einer Sprechanlage mit Videokamera durchsetzen. Das ist laut Verbraucherzentrale NRW dann erlaubt, “wenn sich die Kamera nur beim Klingeln einschaltet, das Bild nur beim betreffenden Bewohner sichtbar ist und nach dem Klingeln automatisch wieder verschwindet”.
Generell gibt es die Möglichkeit, eventuelle Streitpunkte bereits im Vorfeld zu beseitigen. Mit einer Gemeinschaftsordnung (GemO) werden alle Pflichten und Rechte der Eigentümer untereinander geregelt, damit es keine Probleme beim künftigen Zusammenleben gibt. Auch die GemO wird bei der Eigentümerversammlung verabschiedet – und zwar einstimmig. Wer also mit dem Gedanken spielt, Wohneigentum zu erwerben, sollte nicht nur in den Kaufvertrag, sondern auch in die GemO einen genauen Blick werfen.
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