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Die EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie und ihre Folgen

07.02.2017

Es gibt viele Dinge im Leben, die erstrebenswert sind. In den eigenen vier Wänden zu wohnen, gehört für viele dazu. Zwischen dem Traum und der Wirklichkeit steht die Finanzierung der Immobilie. Genau diese wurde mit der Umsetzung der sogenannten EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie ins deutsche Recht jedoch deutlich erschwert. Seit März 2016 müssen sich die deutschen Kreditinstitute bei der Darlehensvergabe demnach an weitaus strengere Kriterien halten und prüfen, ob der Kunde den Kredit tatsächlich bis zu seinem Lebensende tilgen könnte. Eventuelle Wertsteigerungen der Immobilie während dieser Zeit spielen bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit kaum noch eine Rolle, im Mittelpunkt steht vor allem die langfristige Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers. Ziel der verschärften Regeln ist, das Entstehen einer Immobilienblase ähnlich wie in den USA, Irland oder Spanien zu verhindern. Damals haben in diesen Ländern viele Menschen Kredite zu laxen Konditionen aufnehmen können, obwohl die Märkte bereits heiß gelaufen waren und die Zahlungsfähigkeit ungewiss war. Die Folge waren massenhafte Kreditausfälle, die die Märkte 2007/2008 zum Kollabieren brachten.

Junge Familien und Ältere benachteiligt

Bei der Umsetzung der aktuellen Kreditrichtlinie der EU ist der deutsche Gesetzgeber jedoch deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Die neuen Regeln waren ursprünglich dazu gedacht, Verbraucher zu schützen. Tatsächlich erschweren sie vor allem Familien und älteren Menschen den Kauf von Wohnimmobilien, obwohl sich der deutsche Immobilienmarkt weiterhin solide darstellt. Bei betagten Kunden beispielsweise müssen die Banken nun das Risiko eines Todesfalls mit einberechnen. Bei jungen Familien dagegen müssen die Einkommensprognosen sehr viel vorsichtiger berechnet und eventuelle Elternzeiten miteinbezogen werden. Geschieht dies nicht, haben Kunden im Falle von Zahlungsschwierigkeiten das Recht, die Bank auf Falschberatung zu verklagen. Ein Risiko, das keine Bank tragen möchte.

Ausländische Käufer sind ebenfalls betroffen

Die Finanzierungsregelung hat auch für ausländische Käufer ihre Tücken. Der neue § 503 BGB verpflichtet Banken dazu, EU-Inländer aus dem Nicht-Euro-Raum, die ein Fremdwährungsdarlehen (in Euro) aufgenommen haben, zu informieren, wenn der Wert des Restbetrags ihres Darlehens um 20 Prozent ansteigt. Tritt dieser Fall ein, kann der Kunde das Darlehen auf seine eigene Währung umstellen, und zwar zu dem Wechselkurs, der am Tag des Antrags galt. Für Banken bedeutet das ein mögliches Wechselkursrisiko, das bei Immobiliendarlehen naturgemäß schwierig vorherzusehen ist, da sie oftmals Laufzeiten von mehr als zehn Jahre haben. Viele Banken verweigern den Kredit an EU-Bürger außerhalb des Euro-Raums daher gleich ganz. Mit absurden Folgen: Beispielsweise kommt ein dänischer Käufer, der sein Geld in Dänischen Kronen verdient, schwerer an eine Immobilienfinanzierung als ein französischer, der sein Geld im Euro-Raum verdient, und das, obwohl es sich in beiden Fällen um EU-Bürger handelt.

Besserung ist in Sicht

Dass die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie einige Konstruktionsfehler enthält, hat der deutsche Gesetzgeber inzwischen erkannt und Nachbesserung gelobt. Eine Hintertür will er sich dennoch offenlassen. Im Dezember 2016 legte die Bundesregierung einen Entwurf zum sogenannten Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz vor, wie es im Beamtendeutsch heißt. Dieses Gesetz soll der BaFin bei Anzeichen einer drohenden Immobilienblase das Recht geben, die Kriterien für die Vergabe von Neukrediten zu verschärfen. Vorgesehen sind beispielsweise klare Obergrenzen für das Verhältnis zwischen dem Immobilienwert und dem Darlehensbetrag, dem Einkommen und dem Schuldendienst und auch zwischen der Gesamtverschuldung sowie dem Einkommen. Außerdem soll ein zeitlicher Rahmen für die Tilgung bestimmter Darlehensanteile vorgegeben werden. Diese Änderungen sollen aber nur Kredite für den Bau und den Erwerb von Immobilien betreffen, während Kredite für Umbau und Renovierung von ihnen ausgenommen sein sollen.